Zeitgeschichtliche Darstellung des Holozäns
Vor etwa 8000 Jahren nahm der Anstieg des Meeresspiegels als Folge der Eiszeit von 1,25 m auf 0,14 m pro hundert Jahre ab und ermöglichte so die Entstehung des Wattenmeeres. Das größte zusammenhängende Wattenmeergebiet der gemäßigten Klimazone entwickelte sich, indem es zur offenen See hin durch eine Barriere aus Düneninseln und sandigen Untiefen geschützt und zur Landseite hin von Tidenbereichen und Salzwiesen bestimmt wurde.
Die heutige Landschaft und Unterwasserwelt hat sich fast vollständig als Folge der letzten drei Eiszeiten und der darauf folgenden Zwischeneiszeiten (einschließlich der jetzigen Nacheiszeit) gebildet. Es ist davon auszugehen, dass die vorherigen Zwischeneiszeiten eine dem heutigen Wattenmeer vergleichbare Küstenregion hervorgebracht haben. Die Fossilien deuten zumindest auf eine Fauna hin, die der heutigen ähnelt. Urzeitliche Kliffs und Sedimentschichten im Meer zeigen darüber hinaus, wie weit die Meere der Zwischeneiszeiten ins Land hineinragten.
Die Geschwindigkeit, mit der der Anstieg des Meeresspiegels von statten ging und mit der die Sedimentablagerungen über Zeit und Ort hinweg schwankten, führten zu einer beständigen Dynamik der Küstenmorphologie im Wattenmeer. Dadurch drang die Küstenlinie mitunter teilweise dort ins Meer vor, wo die Gezeiten und Wellen mehr Sediment aus dem offenen Meer hereinspülten, als zum Ausgleich des Meeresspiegelanstiegs erforderlich war. Zu anderen Zeiten zog sich die Küstenlinie zum Teil zurück, wenn der Sedimenttransport nicht ausreichte, um den Meeresspiegelanstieg auszugleichen. Auf diese Weise ist die zeitgeschichtliche Entwicklung des Holozäns, bestehend aus dem Zusammenspiel von Meeresspiegel, Klima und Depositionsreaktionen in der Schichtenhistorie des Wattenmeeres bewahrt.
Transgessionskurve der durchschnittlichen Höhe des Tidehochwassers in der südlichen Nordsee. K.-E. Behre, 2004.